Chronik Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß

von Hans-Heinrich Mohr

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Feststeht, die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß ist am Montag, dem 01. Mai 1899, - drei Tage vor dem Patronatsfest des hl. Florian von Norictim (04.05.304 bei Lauriacum/Lorch an der Enns in Oberösterreich), der als Schirmherr der Feuerwehren gilt und in Feuer- und Wassergefahr angerufen und seine Verehrung findet - ohne viel Tamtam aus der Taufe gehoben worden Ihr wurde eine Handlöschspritze (von anno dazumal) in die Wiege gelegt Zweifellos gehört die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß mit zu den ältesten Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises Neuwied. Die wohl erste Feuerwehr in Vettelschoß von vor 1865, der noch einige Gründungskameraden der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß angehört haben dürften, war nunmehr Geschichte geworden. Ob und welche Rolle der „Schullehrer" Gärtner dabei spielte, ist nicht mehr nachvollziehbar. Unter dem 14.04.1912 findet er erstmals in den Annalen als Darlehnsgeber für die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß seine Erwähnung.

Florian stand als Offizier und Beamter der Kanzlei des Statthalters der Provinz Ufernoricum vor und wurde Opfer der Christenverfolgungen unter dem römischen Kaiser Diokletian (284 - 305). Er befand sich bereits im Ruhestand oder Exil in Cetium (St. Polten) in Niederösterreich, als er in Lorch festgenommenen Christen offenbar beistehen wollte. Dabei wurde er selbst vom Statthalter Aquilinus verurteilt und in der Enns ertränkt Seine „40 Gefährten" kamen im Kerker um. Möglicherweise ist diese Geschichte legendenhaft ausgeschmückt und erweitert worden. Über der angeblichen ersten Grablege Florians erhebt sich das Chorherrenstift St. Florian unweit des österreichischen Linz. Die Echtheit der im polnischen Krakau verehrten Reliquien gilt als ungewiss.

St. Florian - seit 1971 der Diözesan-Patron von Linz - ist der Schutzheilige von Oberösterreich. Frühe Darstellungen zeigen ihn als Greis (Fresken in der Stiftskirche der Benediktinerinnenabtei auf dem Nonnberg in Salzburg um 1150). Schon im 13. Jh. wurde der hl. Florian als Ritter dargestellt (Skulptur im Stift St Florian bei Linz um 1300). Seine Attri­bute sind seit Ende des 15. Jh. ein Wasserkübel, aus dem er Wasser auf ein brennendes Haus gießt, und ein Mühlstein, mit dem er beschwert in der Enns ertränkt worden sein soll.

Die Gründungsmitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß wählten ihren Franz Neifer aus Vettelschoß zum ersten Vettelschosser Feuerwehrhauptmann. 1899 wohnten im Gemeindegebiet 650 Seelen und „der fleißige, aber nur mäßig begabte" Lehrer Gärtner unterrichtete 99 Kinder. Im sechsköpfigen Gemeinderat sorgten sich Anton Weißenfels III., Kalenborn, (Vorsteher); Peter Joseph Fischer, Kalenborn; Georg Schmilz, Vettelschoß; Michael (Mechel) Schumacher, Willscheid; Mathias Kurtenbach l, Vettelschoß, und Heinrich Kurtenbach V., Vettelschoß, um das Gemeinwohl.

Nach der Revision der „Katholischen Elementarschule" in Vettelschoß am 27.03.1917 berichtete der Ortsschulinspektor, Pfarrvikar Peter Isermann (von 1909- 1925 Geistlicher in Vettelschoß). dem Kreisschulinspektor, dass der Vettelschosser Schullehrer „Gottes Wasser über Gottes Land laufen lasse" und empfahl seine Pensionierung. Als Johann Jacob Gärtner - der längst in Vettelschoß zum Mythos geworden war - sich schließlich 1924 in den Altersruhestand verabschiedete, sollte ihm „von der Gemeinde Vettelschoß einten) Küchenherd für seine Verdienste um die Gemeindeeingesessenen als Geschenk über­reicht werden", was in einer geziemenden Feierstunde - in der mit anerkennenden Worten nicht gespart wurde - durch die Honoratioren auch geschah.

Die durch die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß von der vorherigen Feuerwehr übernommene Handlöschspritze (ein interessantes Unikat der Feuerwehrgeschichte) mit den „Feuerwehrhörnern" dürften - wie der Altarstein von vor 1550 der 1945/1946 abgerissenen St -Michaels-Kapelle und der Türsturz des längst abgebrochenen Oberwillscheider Geroltshofes von 1660 - als Preziosen die Exponate des künftigen Museums im früheren „Schmitzhoff' in Vettelschoß spezifisch bereichern.

Ob die vereinsmäßige Einrichtung der Freiwilligen Feuerwehr auf den ersten eigenständigen Vettelschosser Geistlichen, Pfarrvikar Johann Peter Klöckner (1896 - 1906), auf den Bürger- bzw. Amtsbürgermeister in Neustadt, Karl Johann Baptist Zimmermann (1872 - 1909), auf den Vettelschosser Gemeindevorsteher, Anton Weißenfels HL, Kalenborn (1893 - 1900), oder auf den damaligen Landrat, Friedrich Wilhelm Justus von Runkel (1877 -1906), zurückgehl, bleibt spekulativ. Seine Freiwillige Feuerwehr rief Neuwied 1867, Linz 1885 (1871 Auf­stellung eines Feuerlöschkorps). Windhagen 1896, Fernthal, Hönningen, Leutesdorf, Rheinbrohl 1900, Etscheid und Rahms 1901, Neustadt 1904, Rheinbreitbach 1908 (1857 Gründung eines Brandkorps), Rederscheid 1912 (vereinigte sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder mit Windhagen), Notscheid 1926, Hargarten und Lorscheid 1927 (der Zusammenschluss der Feuerwehren von Hargarten, Lorscheid und Notscheid zur Freiwilligen Feuerwehr St. Katharinen erfolgte 1969, ein Jahr vor Auflösung der Verbandsgemeinde Neustadt), Breitscheid 1928 und Datzeroth 1930 ins Leben.

Amtsbürgermeister Hugo Heffels (1909 -1934) etablierte 1929 in Neustadt die Amtsfeuerwehr, in der alle Freiwilligen Feuerwehren der zur Bürgermeisterei Neustadt gehörenden Gemeinden (Bertenau/Neustadt, Bühlingen, Elsaffthal, Lorscheid, Rahms und Vettelschoß) vertreten waren. Der Versuch der Zentralisierung im ehrgeizigen Neustadt wurde schließlich nicht weiter verfolgt, weil die Kommunen den Kamerad­schaftsgeist und das Vereinsleben mit und in ihren Feuerwehren nicht missen wollten, aber man auch die Anfahrten von Neustadt zum Einsatz in die zum Teil entlegenen Dorfschaften für zu zeitaufwendig hielt. Die in der halben Hun- oder Honschaft bzw. Gemeinde Vettelschoß bereits vor 1865 nachgewiesene und gut ausgerüstete sowie schlagkräftige Feuerwehr wurde nicht nur im Vettelschosser Kirchsprengel zu Löscheinsalzen gerufen, sondern auch durch „fliegende" Holen alarmiert, um auf Schusters Rappen mit der Handlöschspritze geschultert - für deren Handhabung enorme Muskelkräfte von vier Drückern (wie die Feuerwehrsprache diese Kraftprotze nennt) erforderlich waren - zur Brandbekämpfung in Nachbarorte und Weiler zu hetzen. Ob die erste Feuerwehr in der Gemeinde Vettelschoß mit „Wasser, einer Mannschaft und Löschgeräten" sich Pflicht- oder Notfeuerwehr oder Feuerlösch- oder Brandkorps nannte, ist nicht mehr zu verifizieren. Wir kennen von diesen Floriansjüngern weder die Namen noch ihre Funk­tionen, die sie in ihrer Feuerwehr ausübten. Uns ist nur der äußerst positive Eindruck geblieben, dass schon die damaligen Vettelschosser Feuerwehr von einem ungemeinen Pflichtbewusstsein und vorbildlichen Engagement geprägt waren. Es war ihr Hobby geworden! Die Wurzeln dieser vormaligen Feuerwehr in Vettelschoß können womöglich bis in die Zeit der Gründung der Bürgermeisterei Neustadt mit dem ersten Bürgermeister, Artillerieoffizier a. D. Carl von Baberath (1842 - 1855), zurückreichen. Wie überall bestanden um diese Zeit in der halben Hon- oder Hunschaft Vettelschoß die Behausungen noch überwiegend aus Fachwerk und waren mit Stroh gedeckt. Die Bürgermeisterei Neustadt zählte 1845 erst (3513 Einwohner). In Vettelschoß hießen die Honschaftsvorsteher ununterbrochen Kurtenbach und waren nur durch römische Ziffern hinter dem Familiennamen unterscheidbar.

Es war fast wie eine „Manie" der „Kotebaas" - ob es um den Vorsteher, Honschafts- bzw. Gemeinderat oder dem Schulvorstand der Bürgermei­sterei in Neustadt bzw. dem örtlichen in Vettelschoß oder der Bürger­meisterei-Versammlung in Neustadt oder um Trauzeugen ging! - überall traf man auf Nachkommen dieses alteingesessenen Klans aus der „Kühl", dessen Name (Curtenbach/Kurtenbach) schon vor 1650 in Vettelschoß nachgewiesen ist. Die Familie Kurtenbach war lange Jahre eine Art von „Institution", die Vettelschoss auf allen Ebenen begleitete und das Dorfleben nicht unwesentlich beeinflusste. Das Fachwerkhaus (Lenzenweg 2 in Vettelschoß) des Apollinar Jünger (noch 1890 ehrenamtlich in der Gemeinde tätig) wurde an „Peter und Paul" (29.06.1865) ein Raub der Flammen, aber wieder aufgebaut, allerdings überwiegend aus Steinmaterialien. Als Brandursache hatte man das Spielen der Kinder des Ackerers mit „Feuerzeug" angenom­men. „Da Wasser, Mannschaften und Löschgeräte zeitig zur Stelle waren, konnte hei ruhigem Luftzuge das Feuer nicht um sich greifen. Als das in Flammen stehende Gebäude verzehrt war, war auch die Gefahr vorüber!"

Apollinar Jünger (Vater der „Saals-Ann" = Anna Timothea Mohr geborene jünger, + 1962 in Vettelschoß) stammte aus Oberwillscheid. Er hatte 1859 Timothea Mohr ans einer alten und an Grund und Hoden reichen Familie geheiratet und kam so nach Vettelschoß in das Objekt Lenzenweg 2. Den Namen „Mohr" gab es in Vettelschoß schon vor 1688. Der Urgroßva­ter von Apollinar Jünger war der Hauptzinsmann und letzte Pächter des legendären Geroltshofes von Oberwillscheid.

Als an Ostern 1880 gegen 14.00 Uhr in Hohn ein Feuer ausgebrochen war, verließen sowohl in Windhagen als auch in Vettelschoß die Feuerwehrmänner die Vesper (Andacht in der St.-Michaels-Kapelle), hasteten unter dem Sturm- oder Brandgeläute des Michaelsglöckchens (das seit 1946 im „Turm" der St.-Antonius-von-Padua-Kapelle in Oberelsaff hängt) im Sonntagsstaat durch die „Kuhl" über den „Höhner Baach" zum Einsatzort, um der verzweifelten Bürgerschaft in der Bekämpfung der fürchterlichen Feuersbrunst zu helfen. Dennoch war bis zum Abend das halbe Dorf niedergebrannt. Die Betroffenen standen vor dem Nichts und waren zutiefst konsterniert.

Durch einen schweren Brand am 18.09.1889 wurde in Kalenborn das Haus mit Stallung und Scheune von Johann Prangenberg „vernichtet". Das Vieh und Mobiliar konnte man retten, doch das Heu und frisch eingefahre­ne Grummet sowie eingelagertes Getreide fielen dem Feuer zum Opfer. Praktische und theoretische Instruktionen zum Feuerwehrwesen beka­men die Feuerwehrmänner von Vettelschoß anfangs durch die „Polizei-Sergeanten" in Neustadt vermittelt. Vor und nach 1899 waren es die Polizeibeamten namens Saal und Schilling. Meist an Sonntagen riefen sie die Feuerwehrleute zu Übungen zusammen, die mit anderen Mitgliedern von Feuerwehren in verschiedenen und wechselnden Ortschaften der Bürgermeisterei Neustadt stattfanden. Um 1907 war es Gendarmerie-Wachtmeister Eisleben, der - nachdem ihm in Vettelschoß sein Dienstfahrrad „frevelhaft beschädigt" worden war - das Dorf nunmehr weiträumig umfuhr. Bis Frühjahr 1902 dümpelte die junge Freiwillige Feuerwehr so dahin. Als Brandmeister rangierte Engelbert Klein aus Vettelschoß, dem der Gemeinderat am 16.05.1914 einstimmig das Plazet zur Wiederwahl erteilte. Die Feuerwehrleute kannten nur die Handlöschspritze, die sie 1899 geerbt hatten. Ihre Reichweite mit dem dürftigen Schlauchmaterial war sehr begrenzt. Diese schlichte Ausrüstung diente lange zu Übungszwecken und kam Gott sei Dank nur selten zum Einsatz. Es fehlte zwar nie an modernen Ideen, aber aus Geldmangel musste immer wieder die Improvisation geprobt werden.

„Auch gießt man nicht jungen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißen die Schläuche, der Wein läuft aus, und die Schläuche gehen zugrunde; sondern man gießt jungen Wein in neue Schläuche, und beide werden sich halten." (Matthäus 9 17) In der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 1904 versuchte die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß unter dem Brandmeister Engelbert Klein, Vettelschoß, die Scheune der Witwe des Gastwirts Heinrich Kurtenbach II. (Carolina Elisabeth Kurtenbach geb. Hecken, * 1824 in nterscheid, + 1909 in Vettelschoß) - der Volksmund nannte sie „Car-Lis-Möhnche" - zu löschen, die randvoll mit Heu und Stroh gefüllt war. Es gelang ihr aber nur, das Feuer soweit unter Kontrolle zu bringen, dass ein Übergreifen auf Wohnhaus/Gastwirtschaft und Tanzsaal (die Anwesen standen später unter der Regie von Josef Hecken, dem früheren Bäcker und Schiffskoch, und sind der Bürgerschaft als „Zum Backmann's-Jupp" in der Michaelstraße 7 in Vettelschoß noch gut in Erinnerung) verhindert werden konnte.

„Car-Lis-Möhnche" war eine große und edle Spenderin. Sie hatte für die St.-Michaels-Kapelle und die erste Vettelschosser Kirche eine Schwäche. Unter dem Gemeindevorsteher Bernhard Jünger aus Vettelschoß (1900 -1906) gewährte man der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß erstmals am 20.05.1902 eine „Beihilfe von 40 Mark zur Beschaffung einer Steckleiter".

Am 18.01.1904 hieß es: „Der Antrag der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß um eine Beihilfe zur Beschaffung von Kleidungsstücken wird abgelehnt, da kein Bedürfnis vorliegt."

Und am 23.12.1907 meinten die Gemeindeväter unter dem Vorsteher Heinrich Reufels, Seiferhof: „Wir beschließen die Beschaffung von 50 Metern Schlauches, eines Steigrohres und eines Saugrohres. Es sind bereits vorhanden: 8 Leitern mit Haken von 8 Metern Länge, 4 Steigerlei­tern. Die Freiwillige Feuerwehr ist Mitglied des Provinzial „Verbandes"; und der Unfallkassen. Ein genügendes Spritzenhaus ist vorhanden." Vettelschoß gab sich im Hinblick auf Ausrüstung und Ausstattung der Feuerwehr weiterhin äußerst knauserig, obwohl der Wöls- oder Willscheiderberg seit 1893 an die BAG., Linz, verpachtet und die Gemeinde noch „steinreich" und auch nicht mehr „geldarm" war So blieben die begeisterten Feuerwehrmänner wie bisher auf ihre Selbsthilfe und dem unermüdlichen Idealismus angewiesen.

Erst ab 1909/1910 besserte sich die Situation allmählich und die Gemeinde Vettelschoß schenkte der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß und ihren Mitgliedern mehr Aufmerksamkeit. Doch das Kirchturmdenken blieb noch lange (Jahrzehnte) weiter erhalten. Die Gemeindeväter gaben am 03.08.1925 ihr Einverständnis zur Wahl von Anton Thome (er malochte an der „Schmelz" und war nebenbei Land- und vor allem passionierter Gastwirt) aus Willscheid zum Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß. Der Brandmeister Wilhelm Saal aus Kalenborn erhielt am 31.05.1929 von der Gemeindevertretung seine Bestätigung. Zur Selbsternennung von Josef Saal aus Vettelschoß - Bahn­hofsvorsteher, Ortsgruppenleiter der NSDAP bzw. dessen Vertreter, der sich auch „Amtsvertreter" nannte und an allen Gemeinderatssitzungen beobachtend teilnehmen konnte - als Brandmeister stimmte der Gemein­derat von Vettelschoß am 16.06.1933 nolens volens zu. In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1932 leitete der am 12.06.1932 erneut gewählte Brandmeister Wilhelm Saal aus Kalenborn die Bekämp­fung eines Großbrandes in Willscheid, bei der die komplette Vettelschosser Feuerwehr eingesetzt und gefordert war. In der Scheune des Landwirts Fritz Neumann („Neumannsfritz") war Feuer - vermutlich durch Selbst­entzündung des eingefahrenen Heues - ausgebrochen, das sowohl das Wohnhaus als auch zwei Stauungen mit den Scheunen und Schuppen erfasste und niederbrennen ließ. Aus dem oberen Stockwerk des Wohntraktes warfen die hektischen Feuerwehrleute unsinnigerweise nicht nur das Mobilar sondern auch noch Porzellan aus den Fenstern, bis es an der Zeit war, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das Vieh - außer den Hüh­nern - konnte gerettet werden. Ein Feuerwehrmann wurde leider verletzt. Am 15.11.1933 machten die Nationalsozialisten die Einrichtung von Berufsfeuerwehren zur Pflicht. Von da an kam das gesamte Vereinsleben peu á peu zum Erliegen. Amtsbürgermeister Dr. Franz Claasen (1934 -1945) löste befehlsgemäß die Freiwilligen Feuerwehren auf. 1938 wurde die Berufsfeuerwehr als Feuerschutzpolizei eine reichseinheitliche Poli­zeitruppe, die Freiwillige Feuerwehr eine technische Hilfsformation der Ortspolizeibehörde (Amt Neustadt). Schon am 21.01.1937 hatte das Gemeindegremium von Vettelschoß unter Bürgermeister Johann Rüddel (1934-1943) aus Vettelschoß für die Freiwillige Feuerwehr Vettelschoß nicht einmal mehr eine Traditionsfahne übrig. Ob in der Fabrik zur Waffen- oder Munitionsherstellung oder Wehrmacht („Blitzmädel") konnte in der Nazizeit auf das weibliche Geschlecht nicht mehr verzichtet werden. Aus Mangel an „Mannsbildern", die zum Kriegs­einsatz einberufen waren und an verschiedenen Frontabschnitten für Volk und Vaterland ihr Leben ließen, formierte sich 1943 auch in Vettelschoß eine tapfere Damenfeuerwehr, der Anna Nelles geb. Brunnett aus Vettelschoß (Ehefrau des Steinbrucharbeiters Hubert Nelles) vorstand. Ihre wohl eindrucksvollste Feuerwehrübung absolvierte die Damenfeuerwehr auf der Hauptstraße in Vettelschoß (zwischen dem Kapellenplatz und der Abzweigung zur „Kühl"), als der Luftschutzwart Josef Menzenbach (auch , Jöngche" genannt) aus der Kau zu Demonstrationszwecken eine Brandbombe (Fliegerbombe) zündete, die von den zutiefst motivierten Feuerwehrfrauen erfolgreich mit Sand und Wasser und einer „Eimerlöschspritze" bekämpft wurde.

In den letzten Tagen des „Beschusses" - kurz bevor die Yankees am 17.03.1945 in Vettelschoß einzogen und es besetzten - brandschatzten deutsche Landser das l laus in der Michaelstraße 11 der Witwe von Hubert Schwarz (er war als Hilfsrottenführer am 30.12.1916 in Ober- bzw. Mittelelsaff mit dem Lokomotivführer Esch aus Linz und Wagenaufseher Potz aus Linz tödlich verunglückt, als die Lok auf der am 01.10.1912 eröffneten Bahnstrecke Linz - Seifen/Altenkirchen vom durch Schmelzwasser aufge­weichten Gleisbett in eine Böschung stürzte, während es dem durch Brandwunden schwer verletzten Heizer namens Saß aus Linz gelang, sich bis in den Elsaffer Bahnhof zu schleppen und telefonisch Hilfe aus Linz anzufordern), weil ihr Sohn, der Bahnbeamte Fritz Schwarz, vorgeblich den Schriftsatz „Hier hat die deutsche Wehrmacht gestohlen!" angebracht hatte, aber die Geheime Feldpolizei ihn nicht finden konnte. „Schwazfriz", wie ihn die Vettelschosser nannten und über ihn zu sagen pflegten „Wenn Arbeit adelt, bleibt er lieber bürgerlich!", war zufällig „In der Walheld" (Totenstätte) einem Insider begegnet, durch ihn gewarnt worden und sofort untergetaucht, bis Hitlerdeutschland sein fürchterliches Ende in Schutt und Asche gefunden hatte.

Als das Feuer bereits auf das benachbarte Wohnhaus des Schuhmachermeisters Gerhard Plag oder „Schohmächisch Jerend" (Michaelstraße 13) und auf den Schweinestall und die Scheune des Landwirts Heinrich Mohr oder „Saals Muhr" (Lenzenweg) übergegriffen war, rekrutierten in aller Eile einige im Pfarrhaus/Pfarrsaal vorübergehend Unterkunft gefundene Ursulinen - evakuierte Schwestern aus Köln, die später in Vettelschoß einen Konvent gründen wollten, was jedoch an Platzmangel bzw. einem fehlenden Gebäude scheiterte - unter der Obhut des Pastors Friedrich Blanckart (1937 - 1946) aus den im hoffnungslos überfüllten Pfarrhaus­keller hausenden Schutzsuchenden (Frauen, Kinder, Männer, Gesunde und Kranke) eine wirkliche Notfeuerwehr. Jung und Alt bildeten rasch eine lange Menschenkette und von Hand zu Hand flogen die am Brunnen (mit einer Saug- oder Kolbenpumpe und einem schweren Schwengel) des Pfarrhauses hastig und zum Teil nur halbvoll gefüllten Melk- oder „Stootz"-Eimer, um zu versuchen, die brennenden Wohnobjekte zu löschen bzw. zumindest den Häuserbrand einzudämmen. Der Schweine­stall und die Scheune brannten allerdings mit Stroh, Heu, Saatgut, Schweinen, Katzen, Mäusen, Ratten und den untergestellten üblichen Landwirtschaftsgeräten bis auf die Grundmauern nieder.

Durch die Hände lange Kette Um die Wette Fliegt der Eimer, hoch im Bogen

Spritzen Quellen Wasserwegen. Heulend kommt der Sturm geflogen,

Der die Flamme brausend sucht,

Prasselnd in die dürre Fracht Fällt sie, in des Speichers Räume,

In der Sparren dürre Bäume,

Und als wollte sie im Wehen Mit sich fort der Erde Wucht

Reißen in gewaltiger Flucht,

Wächst sie in des Himmels Höhen Riesengroß. Hoffnungslos Weicht der Mensch der Götterstärke;

Müßig sieht er seine Werke Und bewundernd untergehen. Leergebrannt

Ist die Statte,

Wilder Stürme rauhes Bette In den öden Fensterhöhlen Wohnt das Grauen, Und des Himmels Wolken schauen Hoch hinein. Einen Blick Nach dem Grabe Seiner Habe

Sendet noch der Mensch zurück Greift fröhlich dann zum Wanderstabe

Was des Feuers Wut ihm auch geraubt,

Ein süßer Trost ist ihm geblieben; Er zählt die Häupter seiner Lieben, Und sieh! Ihm fehlt kein teures Haupt.

Aus „Das Lied von der Glocke" von

Friedrich von Schiller
(1759-1805)

Erst 1949 besann sich Vettelschoß wieder seiner Freiwilligen Feuerwehr und hauchte ihr neues Leben ein. Doch erst nach dem Junggesellenverein und dem SV. (Sportverein) Vettelschoß bedachten die sonst auf allen Ebenen rührigen Gemeindeväter unter Bürgermeister Johann Kröll (1948 -1951) ihre Feuerwehr am 26.11.1950 mit einem Zuschuss für eine zusätz­liche ..Ausrüstung und neue Uniformen". Ein geschätzter und versierter sowie der erste Nachkriegs-Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß war bis 1959 Matthias Hoß („Hossmattes") aus Vettelschoß. Zu seinem Nachfolger wurde Heinrich Buchholz aus Vettelschoß gewählt. Einige lokale Bornen der NSDAP kamen 1945 hinter schwedische Gardi­nen in Diez/Lahn. von wo die „verblühten Sonnyboys" meist geläutert nach Monaten wieder heimkehren konnten, während die Soldaten noch Jahre in Arbeitslagern der damaligen UdSSR schmachten mussten. Erst im Herbst 1955 erreichte Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer (1949 -1963) anlässlich seines Besuches in Moskau die Heimkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen. Darunter befanden sich die Vettelschosser Johann Mohr (Michaelstraße 73) und Wilhelm Buslei (In der Kuhl 7) - der spätere langjährige und engagierte Feuerwehrkamerad. Der ehemalige Bahnhofsvorsteher und sich selbst als Brandmeister eingesetzte Josef Saal bezog in der Kaufstraße in Willscheid für seine Aktivitäten im „Tausendjährigen Reich", das nur 12 Jahre währte, eine gehörige Dresche mit der „Schöpp" (Schaufel), die ihm sein Wohnnachbar (Aloys Lorscheid) verabreichte. Für den aus Thalhof/Reeg stammenden Steinklopfer - ein Vettelschosser Urgestein - war nicht vergessen, dass ihn Josef Saal an einem schönen Sommertag mit einer Pistole bedroht hatte, als er Lea, seine Kuh, über die Reichsbahngleise und nicht durch den Eisenbahntunnel zum Weiden auf die „Woos" (Farmersheck) treiben/führen wollte. Auch zählte der „Bahner" zu den Bonzen, die am 17.04.1939 die Kruzifixe aus den Schulsälen entfernten und sie durch Hitlerporträts ersetzten. Nach der unfreundlichen Begegnung auf der Apfelbaumallee in Willscheid zog der Lädierte und Erznazi es vor wie die meisten seiner anderen verflossenen PGs (Parteigenossen), deren „glorreiche Zeit" abgelaufen war -schnellstmöglich die Gemeinde Vettelschoß zu verlassen. Schon im alten Ägypten bestand ein geordnetes Feuerlöschwesen. Das antike Rom kannte unter Kaiser Augustus (63 v. Chr. -14 n. Chr.) eine Nacht- oder Feuerpolizei („cohortes vigilum") bzw. Feuerlöschtrupps. Im mittelalterlichen Deutschland wurden die Ortsbewohner schlicht zur Brandbekämpfung verpflichtet. Seit dem 13. Jh. sind geordnete Feuerlö­scheinsätze dokumentiert. Die wohl erste Freiwillige Feuerwehr in Deutschland gab es 1841 in Meißen. Sie bestand aus ehrenamtlich tätigen Einsatzkräften. Konnten die Aufgaben einer Feuerwehr von einer Gemeinde nicht oder nicht ausreichend erfüllt werden, war eine Pflichtfeuerwehr aus dienstverpflichteten nebenamtlich tätigen Einsatzkräften zu bilden. Durlach richtete 1846 eine militärisch organisierte Feuerwehr ein. Meran stellte 1086 und London 1189 eine eigene Feuerwehr mit einer entsprechenden Feuerordnung auf die Beine. Die ersten Berufsfeuerwehren wurden in Wien 1689, in London 1698 und in Paris 1701 aufgebaut. Nach der „Kurtrierischen Feuerlöschordnung" vom 27.11.1783 - da Vettelschoß bis zur Säkularisation politisch zu Kurköln (kirchlich immer zu Trier) gehörte, dürfte eine ähnliche Verordnung auch vom Kurfürsten in Köln/Bonn erlassen worden sein - hatten die Bürger ein „Brandeimergeld" zu bezahlen und jeder Bürger sollte über einen ledernen Löschei­mer verfügen. Diese Regelung wurde 1815 (Preußische Rheinprovinz) auch von der Königlich Preußischen Regierung (Bezirksregierung) in Koblenz übernommen, jedoch die Leistungspflicht in eine Geldzahlung um­gewandelt. Die Zuständigkeit oblag den Hon- oder Hunschaften bzw. Ge­meinden, die sich von den Geldern entsprechende Löschgeräte (Leitern, Haken, Spritzen) anschafften. Um diese Geldzahlungen gab es schließlich einen Streit, weshalb das Preußische Innenministerium in Berlin am 24.06.1837 verfügte, „das Brandeimergeld als eine Besteuerung Erziehen­der oder Heiratender sei unstatthaft". Dagegen wehrten sich die Gemein­den und auch die Koblenzer Regierung, die argumentierte: „Der Fortfall des Brandeimergeldes führe zu einem schwer ersetzbaren Ausfall in den Gemeindekassen und zu einer Erhöhung der Brandgefährdung. Das Brandeimergeld sei ja nicht als kommunale Sondersteuer anzusehen, sondern als die Ablösung einer landespolizeilichen Verpflichtung." Berlin hob die Verfügung zwar nicht auf, hatte aber keine Einwände, wenn das Brandeimergeld als Zahlungsverpflichtung in solchen Gemeinden bestehen bliebe, in denen es eingeführt und die Bürgerschaft es freiwillig zu zahlen bereit sei. Von Koblenz wurden gemeindliche Polizeiverordnungen gefordert. Jeder Bürger musste einen ledernen Feuereimer in der Wohnung aufbewahren.

Über den zustand dieser Eimer überzeugten sich regelmäßig die örtlichen Gendarmen, die entsprechende „Feuerschauen" durchführten. Schließlich erließ die Koblenzer Regierung am 28.02.1842 eine einheitliche Feuerordnung, die in allen Gemeinden des Regierungsbezirks Koblenz Gültigkeit hatte. Im ersten Teil dieser Feuerordnung ging es baupolizeilich um die Verhütung von Feuergefahr (feuerfeste Gebäude, Küchen, Herde) und Feuersicherheit von Kaminen, Rauchkammern und Backöfen sowie um die Trennung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und das Verbot, Ställe und Scheunen mit offenem Licht zu betreten. Auch wurden in der Feuerordnung das Anlegen von Brandweihern und die Errichtung von Staustellen in den Bachläufen gefordert.

Die Brandweiher in der Gemeinde Vettelschoß waren im späteren Quarzitabbaugebiet unterhalb der Marienkirche in Kalenborn und „Im alten Hohn" in Vettelschoß - außerhalb der seinerzeitigen Siedlungsgebiete - angelegt worden. Nach dem Hörensagen gab es aber schon lange vorher in Vettelschoß einen Lösch- oder Dorfweiher (auf dem Grundstück Haupt­straße 23), der sich unweit der St.-Michaels-Kapelle befand und seit „undenklicher Zeit" als „Wasserbrunnen" von den Dorfbewohnern genutzt wurde. Da eine besondere Brandgefährdung von den vorhandenen Strohdächern ausging, forderte eine Kabinettsorder am 02.07.1836 die „Abschaffung der Strohdächer". Die Wohnstätten und Scheunen/Stallungen durften nur noch mit Stroh gedeckt werden, wenn sie einzeln standen. Als erste Lösch- oder Feuerwehrgerätschaften kennen wir Feuerpatschen, die Feuerleiter, Haken, den ledernen Löscheimer und das Signal- oder Feuerwehrhorn. Sie entwickelten sich von der Handlösch- über die Dampfspritze, dem Kraftfahrzeug mit elektrisch betriebenen Geräten zum komplett ausgestatteten Löschzug bzw. -fahrzeug (Tanklöschfahrzeug, Tragkraftspritzenfahrzeug, Drehleiter) mit Chemikalien, Schutzbekleidun­gen und Atemschutzgeräten. Einige Feuerwehren sind inzwischen auch für Katastropheneinsätze ausgebildet und ausgerüstet. Seit einigen Jahren kommen in der Landwirtschaft neben den klassischen Feuerlöschausstattungen auch „Heuwehrgeräte" zum Einsatz. Eingelagertes, auch hochdruckgepresstes Heu und Stroh neigt aufgrund biologischer Vorgänge zur Selbsterhitzung und Selbstentzündung und bedarf der Überwachung durch „Heumesssonden".  „Feuer und Wasser sind gute Diener, aber zwei schlechte bzw. schlimme Herren." (Sprichwort).

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